Hallo,
dieses Blog ist ab sofort wahrscheinlich nur noch ein reines Archiv.
Meine neuen Blog-Erzeugnisse finden sich in englischer Sprache unter http://hit-to-key.net.
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Weil das Thema im DS-Forum aufkam, würde ich gerne mal eine Idee unterbreiten, die mir schon etwas länger im Kopf rumschwirrt: Der Abenteuer-Jam, eine Art Wettbewerb im Stil eines Game Jams.
Ziel wäre es, an einem vorgegebenen Wochenende innerhalb von 48 Stunden ein spielfertiges Abenteuer zu schreiben und online zu stellen. Es gibt keine Gewinner und Preise – dabei sein ist alles (und bringt ein hübsches Teilnehmer-Siegel für die eigene Webseite oder das eigene Blog). Hauptsächlich soll das Ganze ein Ansporn sein, sich doch mal auf den Allerwertesten zu setzen und die Ideen, die man so hat, zu Papier oder PDF zu bringen. Ihr kennt das Problem sicherlich.
Gäbe es an so einer Veranstaltung wohl Interesse?
Eine einfache Maßeinheit für die Qualität einer Rollenspielrunde ist, wie viel Railroading sie enthält. Richtig? Falsch!
Im (leider nicht extern verlinkbaren) Nerdpol wird gerade wegen eines kurzen Einführungsbeitrag von Callisto mal wieder die altbekannte Diskussion zu Railroading, Partizipationismus (nicht benötigte Silben bitte streichen), Sandboxing, Freiheit und den ganzen Buzzwords.
Darf ich mal ganz ehrlich sein? Diese Begriffe sind zwar grundsätzlich nützlich – aber die Art, wie sie in der Debatte genutzt werden, führt dazu, dass wir als Szene seit Jahren am Problem vorbei diskutieren!
Worum es eigentlich gehen sollte, ist: Meaningful Play. Meaningful Play definiert sich als die Möglichkeit der Spieler, Entscheidungen zu treffen, die innerhalb des Spiels erkennbare und relevante Auswirkungen haben. Je mehr dieser Entscheidungen es gibt und je vielfältiger sie sind, desto höher ist die Spieltiefe. Spieltiefe ist gut. Meaningful Play ist gut. Spiel mit zu wenig Meaningful Play ist langweilig.
Es gibt aber dutzende Arten, Meaningful Play zu erreichen, und absolute Freiheit gehört nicht dazu. Die Spieler können tun und lassen, was sie wollen, ohne dass es Konsequenzen hat? Kein Meaningful Play, schließlich haben die Entscheidungen keinerlei Relevanz! Die Spieler können tun und lassen, was sie wollen, es hat Konsequenzen, die sind aber vorher nicht absehbar? Kein Meaningful Play, schließlich können die Spieler auch gleich eine Münze werfen. Die Spieler werden mit komplexen Entscheidungen konfrontiert und können diese treffen, wie sie wollen – aber jede Möglichkeit, auch einfach wegrennen, hat gute wie schlechte Auswirkungen? Das ist Meaningful Play und das ist die Essenz der guten Sandbox.
Aber natürlich können auch andere Spielstile Meaningful Play erreichen. Selbst die simple Szenenfolge “Charaktere kriegen Auftrag –> Charaktere forschen durch drei Szenen nach Hinweisen auf Aufenthalt des Bösewichts –> Charaktere verhauen Bösewicht” mit massivem Railroading kann Meaningful Play bieten – nämlich in den einzelnen Szenen, wo die SCs erst gute Bedingungen aushandeln, dann dabei, wo und wie sie nachforschen, wie sie mit Zeugen umgehen und wie sie die Hinweise zusammenpuzzeln und dann in der Taktik im Kampf mit dem Bösewicht und seinen Minions. Die Betonung liegt aber auf “kann” – wenn auch die einzelnen Szenen voll von Bevormundung sind, kann natürlich kein Meaningful Play zustande kommen.
Grundsätzlich ist aber eine Betrachtung mit “viel Freiheit” vs. “wenig Freiheit” um Größenordnungen zu einfach, und wir sollten von der Frage weg kommen, ob mehr oder weniger Freiheit besser ist. Stattdessen sollten wir uns fragen, an welchen Stellen System X oder Abenteuer Y oder der Stil von Spielleiter Z (wobei Spielleiter Z bevorzugt man selber ist) Meaningful Play bietet und ob das die Stellen sind, an denen die Spieler Meaningful Play erwarten.
[Fachbegriffe werden im Sinne von “Rules of Play – Game Design Fundamentals” (Katie Salen, Eric Zimmerman) benutzt. Die Thematik dieses Blogposts und eventuell auch einiger folgender Beiträge ist stark von meiner Lektüre dieses Buchs geprägt.]
Wenn man das erste Mal von Rollenspielen gehört hat und sich jetzt informieren möchte, steht man früher oder später vor dem Problem der riesigen Informationsfülle durch x kostenlose Systeme, die man angucken kann, Podcasts, Videos und Blogposts mit Tipps für den Neuling et cetera pp.. Ich möchte dieses Problem heute noch ein wenig schlimmer machen und meine ganz persönlichen Tipps für Neulinge geben, die noch keine Ahnung vom Rollenspiel haben, aber vielleicht spielen möchten – und zwar in so wenig Worten wie möglich.
Schritt 1: Du willst einen Eindruck, was Rollenspiel überhaupt ist, bevor du es ausprobierst? Guck “The Gamers” auf Youtube. Der Film ist nicht nur lustig, sondern gibt dir sowohl einen guten Eindruck davon, wie awesome Rollenspiel eigentlich ist, als auch einen entspannten und ironischen Blick auf dein zukünftiges Hobby.
Schritt 2: Verschwend keine Zeit mit “wenn” und “aber”, sondern spring über deinen Schatten und probiere es aus. Für deine erste Sitzung musst du keine Regeln kennen – die erklären dir die Mitspieler schon, wenn sie überhaupt wirklich wichtig werden. Oft werden auf Conventions oder im Internet auch Runden angeboten, die sich spezifisch an Anfänger richten. Selbst außerhalb dieser Runden hat aber niemand ein Problem, wenn du Startschwierigkeiten hast. Aber Rollenspiel ist ein einfaches Hobby, das man ganz schnell versteht. Du musst auch nichts vorab kaufen, nichts vorbereiten und so weiter. Du kannst einfach losspielen, sobald du Mitspieler gefunden hast – womit wir beim nächsten Schritt wären:
Schritt 3: Finde Mitspieler! In deiner Nähe gibt es eine Rollenspiel-Convention (also ein Treffen von Rollenspielern, auf denen mehrere Tage lang in wechselnden Runden gespielt wird)? Exzellent! Geh da hin und probier am Besten gleich mehrere Systeme aus. Ansonsten gibt es in größeren Städten auch oft monatliche oder wöchentliche Rollenspielertreffen, teils zum Spielen, teils zum “Socializing”. Wenn du auf dem Land wohnst, ist das Internet eine gute Alternative – zum Beispiel in der Google+-Community “Rollenspieler (deutsch)” oder auf der Plattform “Drachenzwinge” kann jeder mit einem Mikrofon und einem Internetanschluss Mitspieler für Onlinerunden spielen. Die laufen zwar etwas anders als normale Spielrunden, aber sind doch fast das gleiche.
Was du spielst, ist am Anfang recht egal. Wenn du mit einem Spielleiter spielst, der schon länger dabei ist, spiel das mit, was er vorschlägt. Wenn du mit Freunden, die auch noch nie Rollenspiel gespielt haben, anfängst, dann guckt euch am Besten Dungeonslayers an (nein, ich bekomme keine Provision). Das nimmt den Spielleiter schön an die Hand und bietet auch eine Form des Spiels, in die der SL gut reinkommt.
Schritt 4: Probier unterschiedlichen Kram aus! Rollenspiel ist ein facettenreiches Hobby, heute mehr als irgendwann sonst. Natürlich ist es legitim, ein Lieblingsspiel zu haben – aber wenn du mit DSA anfängst und dann nie etwas anderes ausprobierst, verpasst du etwas. Ein guter Ort, um Rollenspiele auszuprobieren, sind Conventions. Auch im Internet wird viel wirklich esoterischer Kram gespielt.
Wenn du Probleme hast, die riesige Auswahl zu überblicken, könnten dir vielleicht folgende Systeme helfen, einen ersten Überblick zu kriegen:
Das Beste: Dungeonslayers, Wushu und Space Pirates sind sogar kostenlos – wie viele andere Systeme auch. Diese Auswahl ist aber höchst subjektiv. Dir werden wohl kaum alle diese Spiele gefallen, aber den eigenen Geschmack findet man halt nur, wenn man auch mal was probiert, was nicht schmecken könnte.
Ich persönlich hatte lange Zeit eine feste, wöchentliche Runde, in der wir aber wechselnde Systeme gespielt hatten. Das hat meine Wahrnehmung des Rollenspiels enorm geprägt und war für meinen eher sprunghaften Geist auch wesentlich besser als eine lang dauernde Kampagne mit festen Charakteren und andauerndem Plot – aber auch das ist eine persönliche Präferenz. Ich will niemandem was vorschreiben, nur helfen, eine eigene Meinung zu finden.
Schritt 5: Leite! Rollenspielgruppen bestehen immer aus einem Spielleiter und einer Handvoll von Spielern *) – das weißt du ja spätestens seit Schritt 1. Als Neuling könnte man den Eindruck haben, der Spielleiter hätte die ganze Arbeit, keinen Spaß und bräuchte unglaublich viel Talent – und damit könnte man nicht noch weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Spielleiten erfordert zugegebenermaßen etwas Arbeit (und der Spielleiter ist derjenige, der sich das Spiel tatsächlich kaufen muss). Aber man braucht dafür eher Übung als Talent – und die bekommt man beim Machen. Auch die besten Spielleiter kochen nur mit Wasser, überhaupt gibt es dutzende legitime SL-Stile und Rollenspieler sind gegenüber Neu-SLs enorm tolerant und hilfsbereit. Was den Spaß angeht: Davon hat der SL (meiner Meinung nach!) sogar noch mehr als die Spieler! Er kann sich kreativ in ganz anderer Art und Weise austoben. Aber auch, ob man lieber spielt oder leitet, ist eine Geschmacksfrage. Jeder muss es selbst rausfinden, und das tut man nur durchs Ausprobieren.
Jetzt sind natürlich ganz viele Fragen, die ein Einsteiger haben könnte, nicht beantwortet. Aber ganz ehrlich – die beantworten sich von ganz alleine, wenn man sich einfach traut, loszulegen. Nichts schadet dem Spaß mehr als zu viel Vorausplanung. Also wenn du irgendwo von diesem “Rollenspiel” gehört hast und es vage interessant klingt, dann sieh zu, dass du Mitspieler findest, um es einmal ein paar Stunden lang auszuprobieren. Das ist das ganze Geheimnis, wie man Rollenspieler wird. Den geheimen Handschlag lernst du schon von ganz allein.
*) Der Dolge weist mich gerade darauf hin, dass es natürlich auch spielleiterlose Systeme gibt. Das weiß ich zwar selber, aber irgendwie ist das in meiner Formulierung völlig untergegangen. Wenn man spielleiterloses Spiel ausprobieren möchte (und es lohnt sich auf jeden Fall), kann man zum Beispiel zu Jörg Dünnes „Western City“ greifen, oder man kann „FIASCO“ nutzen, wenn man eher auf skurrile Charaktere und chaotischen Humor steht. Für den Anfang gilt aber in guter Näherung: Rollenspiele spielt man mit einem SL und einer Handvoll Spieler. 🙂
Heute möchte ich mal über ein Thema daherbrabbeln, das mir in Rollenspielen, gerade in der OSR, immer wieder negativ auffällt: der Umgang mit Ausrüstung, vor allem mit Waffen. Hier verspielen viele Systeme eine Menge Potential, und ich möchte einen Weg aufzeigen, wie das meiner Meinung nach besser ginge.
In meiner Sichtweise hat eine Waffenliste einige ganz fundamentale Aufgaben, die je nach kreativer Agenda von Spielern und System unterschiedlich gewichtet werden können. Offensichtlich wären da:
Meine Hauptaussage wird sich im Folgenden auf Punkt 4 stützen: Jede Waffe passt zu einem anderen Spielstil. Was heißt das? In Systemen, die ohne Aspekte oder Ähnliches arbeiten, kann Ausrüstung ein Flag sein, welche Art von Herausforderung jeder einzelne Spieler mit seinem Charakter spielen will, genau wie Skills das auch sind. Und viele Systeme schaffen es meines Erachtens nicht, das wirklich gut umzusetzen.
Was braucht es, um diesen Punkt richtig gut umzusetzen und somit die Wahl einer passenden Waffe für seinen Charakter nicht nur zum Listenwühlen zu machen, sondern zu einer Gelegenheit für eine bedeutungsvolle Entscheidung? Es braucht ein System, in dem es nicht einen Dolch (schwach), ein Schwert (so mittelstark) und eine Axt (sehr stark) gibt, sondern in dem jede Waffe klare Stärken und Schwächen hat. Das kann rein über Zahlenwerte erfolgen – eine Waffe hat gute Trefferboni, aber wenig Schaden, eine andere ist genau umgekehrt. Wesentlich besser sind meines Erachtens aber Systeme, in denen Waffen Sonderregeln mit sich führen, um ihre Eigenheiten darzustellen. Das muss gar nicht so komplex sein wie es sich auf den ersten Blick anhört, schon eine halbseitige Waffenliste und ein Absatz Sonderregeln je Waffentyp kann es schaffen, dass sich wirklich jede Waffe anders anfühlt. Das Scharfschützengewehr taugt eigentlich nur, wenn der Schütze etliche Runden Zeit hatte, sich vorzubereiten, und ist im Kampf deshalb quasi unbrauchbar. Aber wenn der Schütze versteckt auf einem guten Aussichtspunkt liegt, während der Rest der Gruppe eine Ablenkung produziert, rockt der Scharfschütze die Hütte. Die Schrotflinte macht massiven Schaden auf kurze Reichweite und kann auch mehrere Gegner auf einmal angreifen, aber auf lange Reichweiten? Vergiss es. Damit ist sie optimal für den “Fighter” der Gruppe, um es mal auf klassische EDO-Nischen umzumünzen. Und schwupps hat man auch in einem modernen Setting ohne übernatürliche Elemente die Möglichkeit, ausdifferenzierte Charaktere zu schaffen.
Was man auf keinen Fall machen darf, ist eine Waffenliste wie die von Dungeonslayers oder Stars without Number (beides Systeme, die ich sehr schätze), in denen es eigentlich eine Progression von “schlechten Waffen” zu “guten Waffen” gibt, aber gefühlt nicht viel mehr als das. Der einzige Grund, nicht gleich das größte Gerät überhaupt zu nehmen, ist die Verfügbarkeit für Startcharaktere (Preis und/oder Techlevel). Zur Verteidigung von Dungeonslayers sollte man allerdings auch anführen, dass Waffen hier durch eingebettete Talente und Zauber sehr vielfältig sein können und die Charaktere sich meistens recht schnell von ihren Startwaffen verabschieden.
Ein zweiter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist Progression – die geht mir in vielen, gerade OSRigen Systemen einfach zu schnell. Wenn es ein Spaßfaktor des Spiels sein soll, bessere Ausrüstung zu kriegen, darf man nicht nach drei, vier Sitzungen ganz oben angekommen sein, sondern der Aufstieg muss langsam genug oder auf genug verschiedene Kategorien (Waffen, Rüstungen, Waffenmodifikationen) verteilt sein, um immer mal wieder interessant zu werden, auch in längeren Kampagnen. Dabei darf es dann natürlich nicht eine schwache Waffe (Dolch), eine mittelstarke (Schwert) und eine starke (Axt) geben, sondern es sollte schlechtere und bessere Dolche, schlechtere und bessere Schwerter und schlechtere und bessere Äxte geben.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich damit nicht für Ausrüstungskapitel votiere, die das Umfangreichste ihres Buches sind. Im Gegenteil, zum Beispiel Stars without Number hat für mich genug Auswahl bei den Waffen, sie fühlen sich nur einfach nicht unterschiedlich genug an – zumindest meiner Erfahrung nach. Ein bisschen mehr Nachdenken darüber, welche Spieldynamiken man eigentlich haben will, könnte Ausrüstung zu einem wichtigen, gut integrierten Bestandteil des Spiels machen und aus dem Schattendasein der irgendwie so drangeflanschten Tabelle mit Werten, die halt irgendwie so pseudorealistisch sein sollen, befreien.
Manchmal kommen überraschend gute Spiele aus Richtungen, aus denen man sie am wenigsten erwartet. So wie SWN mich als DnD-H4t3r enorm positiv überraschen konnte. Zu Advanced Squad Leader, meiner neuen Zeitversenkungsstrategie, einem squadbasiertem (duh) WWII-Wargame mit Hexfeldern und Papiercountern brachte mich die Suche nach einen Spiel mit Hexfeldern und Papiercountern (nein, das war noch nicht die Überraschung). Als mittlerweile halbwegs erfahrener BattleTechler fing ich irgendwann im November an, mich nach neuen Spielen umzusehen, da BattleTech mir irgendwann dann doch zu monoton wurde. Vorgabe war dabei ein Hex&Counter-System, da ich zum einen nicht bereit bin, haufenweise Figuren zu sammeln und zu bemalen, erst recht nicht, wenn mehr Ausgaben für Spielmaterial auch noch die Gewinnchancen verbessern, und da ich zum Anderen Systemen mit Maßbändern so gar nichts abgewinnen kann. Wirklich gar nichts. Dass ich einmal vier Stunden in den Versuch versenkt habe, irgendwo in Dresden ein Maßband mit Zolleinteilung zu kaufen, trägt zu diesem Gemütsgang sicherlich bei, ist aber nicht alleinig ausschlaggebend.
Von ASL habe ich zwar schon mal gehört (dem einen oder anderen Rollenspieler mag es ähnlich gehen, man hört den Namen gelegentlich mal, gerade in der englischsprachigen Szene), aber eher in negativen Kontexten. Zu kompliziert, zu hohe Realismusambitionen, furchtbarer Aküfi. Als nebenberuflicher DSA-Hasser klang das für mich nach der Sorte Spiel, mit der ich so gar nichts anfangen kann.
Daher begann ich meine Suche nach einem Hex&Counter-Wargame explizit mit den Kriterien “Hat eine halbwegs große Szene in Deutschland” und “Ist nicht ASL”, nur um folgendes festzustellen: Keine Sau in Deutschland spielt Hex&Counter und… irgendwie führen an ASL nicht so ganz viele Wege vorbei, gerade wenn man eigentlich am Liebsten bodenständige Gefechte im zweiten Weltkrieg auf der von BattleTech gewohnten recht niedrigen Ebene hätte. Trotzdem war ich mir sicher, ASL auf keinen Fall spielen zu wollen.
Einen Gilligan Cut später habe ich gut zehn Partien mit dem ASL-Starterkit hinter mir, verstehe Infanterie- und Fahrzeugregeln grundsätzlich und kann mit dem Anfängerregelbuch halbwegs umgehen – und finde das Spiel absolut genial. Warum?
Ja, ein Regelbuch, das als Aktenordner ausgeliefert wird, wirkt auf den ersten Blick abschreckend. Aber: Schon das 28seitige Regelwerk, das dem Starter Kit Expansion Pack #1 (das entgegen dem Namen ein vollständiges Spiel und auch für totale Neulinge geeignet ist) beiliegt, hat eine enorme Spieltiefe – schon mit den drei Starter Kits kann man vermutlich jahrelang Spaß haben, erst recht, wenn man nicht vor Eigenbauszenarien zurückschreckt. Demoralisierte und umzingelte Truppen ergeben sich und der Spieler muss hilflos zugucken, kaputtifizierte Panzer bieten der Infanterie Deckung, funktionierende Panzer erst recht, Trupps können nicht nur durch verlorene Soldaten geschwächt werden, sondern auch, wenn sie in Panik verfallen, es fliegen Rauchgranaten, Bazookas, Panzerfäuste und Panzerschrecks, und militärhistorisch weniger bewanderte Spieler wie meinereiner lernen Fahrzeuge wie das OA vz 30 (t) oder das Semovente M43 105/25 kennen.
Dafür kann man dann auch über Sätze wie “An RST MA AFV is considered a ST MA AFV for TH DRMs except that it cannot fire its MA/CMG while the AFV is Crew Exposed (CE)” großzügig hinwegblicken.
ASL arbeitet mit Szenarien – jedes davon hat eine völlig andere Dynamik und es geht nie einfach nur darum, den Gegner zu vernichten, sondern darum, in einer bestimmten Zeit vorgegebene Gebäude erobern, gegnerische Artilleriegeschütze auszuschalten, eine bestimmte Anzahl von Trupps über das Spielfeld schicken. Keine zwei Szenarien sind gleich.
Dieser Verzicht auf bloße Vernichtung gegnerischer Spielfiguren führt in Kombination mit dem enorm realistischen und abwechslungsreichen Spielgefühl zu einer Beobachtung, die man in sehr vielen Lobpreisungen von ASL liest: ASL erzählt Geschichten. ASL ist, um mich rollenspieltheoretischer Begriffe zu bedienen, so ungamistisch, wie das nur irgendwie möglich ist. Alles, was auf dem Brett und an den Würfeln passiert, kann mit ein wenig Phantasie auf Elemente der Fiktion umgemünzt werden. Bei BattleTech ist es mir kaum einmal passiert, dass ich beim Spiel Bilder der Action vor Kopf hatte, bei ASL passiert das doch ein wenig öfter.
Was mich nach meinen ersten Recherchen von ASL abgeschreckt hatte, war die Schreibweise von Regelwerken. Jedes Zitat der Regelwerke und jede Diskussion über Regeltexte ist massiv von Abkürzungen, Querverweisen et cetera durchsetzt. Alleine die Seite, die ich derzeit offen liegen habe, enthält in einer ihrer drei Spalten folgende Abkürzungen (mit Wiederholungen): MPh, MF, MP, MPh, MP, VCA, DC, FFNAM, DRM, FFMO, DRM, FFMO DRM, LOS, LOS, FP, MG, MPh, LOS, MG, B#, IFT DR, B#, MA, IFE, FPF, MPh; FPF, FP, PBF, IFT DR, DRM, NMC, FPF, FPF, MF/MP, FPF, FP, MG, IFE, FG, FPF, FPF, MPh. Wenn man diese Abkürzungen erst einmal kennt (und ich könnte mittlerweile jede davon aus dem Stegreif benennen), sind sie kein Problem mehr – die Erstlektüre wird dadurch aber sehr erschwert.
Auch die tatsächliche Logik der Regeln erschließt sich eigentlich erst, wenn man einmal damit gespielt hat. Wenn man das Grundgerüst aber einmal verstanden hat, dann muss man eigentlich nur noch gelegentlich mal nachfragen oder nachschlagen – und zum Nachschlagen ist das Regelwerk dann auf einmal gut geeignet. Ob das in ASL mit allem und scharf genauso aussieht wie im ASL-Starterkit, kann ich noch nicht sagen, ich bin aber recht zuversichtlich. Aber selbst wenn nicht: Schon die Starterkits bieten mehr Abwechslung und Tiefe als man sich wünschen kann.
Aufgrund meiner bisherigen Eindrücke kann ich ASL jedem empfehlen, der kein Problem mit eher komplexen Regeln hat, nach einem Tabletop / Wargame für häufiges Spiel sucht, keine Angst vor der englischen Sprache hat (!) und mit Miniaturen genauso wenig anfangen kann wie ich. Auf BoardGameGeek findet man auch nette Leute, die Anfängern gerne ins Spiel helfen, und Onlinespiel ist mit dem Tandem VASSAL/VASL sowohl für Echtzeitpartien als auch für PBEM gut unterstützt (auch für Linux und Mac).
Wer eher Gelegenheitsspieler ist, wird mit ASL vermutlich keinen Spaß haben.
Ein paar Wermutstropfen gibt es dann doch, und für mich ist da insbesondere die deutsche Szene zu nennen, die meinem Eindruck nach doch sehr klein ist (auch wenn ich mich da gerne eines Besseren belehren lasse). Einige andere Kritikpunkte sind ja bereits angeklungen: die Lernkurve ist ohne einen erfahrenen Spieler, der einen an das Spiel heranführt, enorm steil, das Regelwerk ist für Erstlektüre furchtbar geschrieben. Noch dazu sind auch die Spielmaterialien (Pläne und Figuren) ziemlich fisselig und teilweise schlecht lesbar – wenn man virtuell spielt, lässt sich dieser Nachteil natürlich negieren; wenn man BattleTech-Figuren gewohnt ist, ist die Umstellung aber eben doch spürbar.
Trotzdem: Mein bisheriges Gesamtbild ist enorm positiv und ich hatte schon lange mit keinem anderen Brettspiel so viel Spaß wie mit ASL.
The Peace of Blake be with you!
Diesen Dienstag war es so weit: Es hatten sich drei mutige Mitspieler gefunden, die meine MechWarrior-Conversion auf das SWN-System über Google Hangout spieltesten wollten. Und aus meiner Sicht war es ein sehr erfolgreicher Spieltest.
Zur Handlung gab es nicht viel zu sagen: Die Charaktere – vier MechKrieger, einer von ihnen ein dank niedriger WIS ein grenzdebiler Adeliger im goldenen Bademantel und einer von ihnen ein schnell vergessener NSC, hatten den Auftrag, mit ihren ‘Mechs auf eine Militärbasis der Konföderation Capella vorzurücken und sich dort mit dem Rest der Kompanie zu treffen, um Chaos™ zu schaffen. Dabei wurden sie von einer gegnerischen Lanze aufgehalten, was ein Gefecht verursachte. Wie im Vorfeld angekündigt: Es sollte um die Regeln gehen, nicht um oscarreifes Charakterspiel.
Die Charakterschaffung lief dann – per SWN-Basisregeln, kein 4d3 drop lowest, kein Austauschen von Attributen, kein Reroll – ziemlich flott und der Einstieg ins Abenteuer konnte beginnen. Der erste Kampf ließ auch nicht lange auf sich warten, als ein Commando vorsichtig über einen Hügel blickte und von einer PPC in den Reaktor hingerichtet wurde. Kein Problem, schließlich hatte der Commando noch seine Freunde, nämlich ein Catapult, ein Cataphract und einen Hunchback, mitgebracht, welche prompt das Feuer auf die Helden in ihren zwei Grasshoppern und einem Archer eröffneten.
Das Positive zuerst: Der Kampf war nach meiner Erinnerung relativ flüssig und kurz – zumindest im Vergleich zu normalen BattleTech-Regeln. Das Negative gleich hinterher: Er war deutlich langsamer und uncinematischer als ich ihn gerne hätte, und mir fällt es schwer, Methoden zu finden, wie man das verbessern könnte.
Zur Erläuterung: Es gab ein paar Dinge, die meiner Meinung nach für das Spielgefühl von BattleTech essentiell sind. Das sind das Abschaben von Panzerung, das Beschädigen von Zonen und Modulen und natürlich Hitze. Hitze ist dabei das einzige, mit dem ich bisher abgesehen von ein paar kleineren Balancingproblemen recht zufrieden bin. Das Verteilen von Schaden auf die Trefferzonen, gerade bei Raketenwaffen (die ja bekanntlich nicht allen Schaden in eine Zone setzen), ist im Kampf quasi das Zeitintensivste. Das muss schneller werden, und da muss dann wohl die Abstraktionskeule ran – oder der Schaden muss nach anderen Prinzipien verteilt werden. Andererseits war der Kampf zwar relativ langsam, aber nicht unerträglich langsam, und solange die Spieler auch ein wenig Wert auf gute Schilderung legen, wird es meinem Eindruck nach auch nicht langweilig. Trotzdem versuche ich da, eine bessere Lösung zu finden.
Das Balancing hat auch noch einige große Macken, zum Beispiel funktioniert mein vereinfachtes System für kritische Treffer noch nicht so wie gewünscht. Da brauche ich aber noch etwas mehr Input, bevor ich Hand anlegen möchte.
Alles in allem hat der Spieltest mir saumäßig Spaß gemacht, danke an meine Mitspieler. Es wurden einige gute Fragen und Vorschläge aufgebracht und das Erlebnis hat mich motiviert, weiterzumachen.
Mittlerweile habe ich mich doch einmal aufgerafft, um meine Idee „BattleTech mit Stars without Number“ umzusetzen und ein erster Entwurf ist fertig, er findet sich in diesem Beitrag. Für Leute, die nicht gleich 200 Zeilen lesen wollen, eine kurze Zusammenfassung:
Danke an Zornhau und alexandro, die mir vor langer Zeit einige nützliche Ideen zu diesen Themenkomplexen geben konnten. Feedback nehme ich gerne hier in den Kommentaren oder im Tanelorn entgegen.
Der komplette Entwurf folgt: